Geschätzte Gourmets und Weltenbummler,
ich melde mich diesmal aus voller Fahrt – namentlich aus dem Zug der VIA Rail von Montreal nach Ottawa. Die letzten beiden Wochen beförderten mich einmal über den halben Globus, wo meine Reise in Ottawa begann – also genau dort, wo sie heute auch ihr Ende nehmen wird – bevor sie über Toronto, die Niagara-Fälle, New York City und letztlich Montreal ihren Fortgang nahm. Nun sollen weitere Reisedetails an dieser Stelle nicht erörtert werden, doch möchte ich die geneigte Leserschaft zumindest über den kulinarischen Verlauf meiner Reise informieren.
Über die Küche, die ich in Ottawa genoss, möchte ich jedoch lieber den Mantel des Schweigens hüllen, was nicht heißen soll, dass ich dort schlecht aß – jedoch war es leidlich unspektakulär. Dies lag nicht unbedingt an mangelnder Auswahl – so entdeckte ich beim Spazieren das ein oder andere originale westafrikanische Restaurant – doch machte es die Art meines Aufenthalts dort (der dienstlich bedingt war) schwierig, sich den exotischen Gaumenfreuden der Stadt zu widmen. Hervorzuheben sei lediglich das Bier. Denn Kanada und Ontario hat für dieses hopfenhaltige Kaltgetränk durchaus ein gewissen Faible und weiß mit diversen Mikrobrauereien aufzuwarten, die sich nicht verstecken brauchen. Die größte Überraschung stellte hier der Besuch einer Art Pub dar, wo uns rund sechs verschiedene selbstgebraute Biersorten angeboten wurden – darunter auch ein Kölsch!
Doch wenden wir unseren Blick weiter Richtung Süden und an den Lake Ontario, wo sich in der Metropolregion Torontos derweil rund 5,5 Mio. Menschen aus aller Herren (und Damen) Länder tummeln. Durch diese kulturelle Vielfalt hat sich Toronto auch den Ruf als eine der besten Städte Nordamerikas für besonders große Essensvielfalt erarbeitet. Einen Ruf, den ich nur zum Teil bestätigen kann, wobei ich auch hier persönliche Anliegen verantwortlich dafür machen muss, dass ich mich nicht gänzlich ins kulinarische El Dorado werfen konnte. Am ersten Abend war ich schlicht zu spät dran – meine Essgewohnheiten führen mich oft erst gegen 22 Uhr auf Nahrungssuche, eine Zeit wo in vielen Etablissements Kanadas die Küche schon aus ist. So landetete ich letztlich bei einer – wie ich später zur Kenntnis nahm – Kette für karibische Spezialitäten mit dem Namen “Ritz“, wo ich ein Jerk Chicken auf Reis wählte. Das Essen war gut, das Hühnchen jedoch leicht verbrannt und alles in allem längst nicht so gut wie der Jamaikaner in Berlin.
Der zweite Tag in Toronto führte mich in eine Bar namens “Les 3 Brasseurs” – wieder sollte ich später feststellen, dass es sich um eine Art Kette handelte – wo ich mit einem guten Burger und diversen selbstgebrauten Bieren vollends zufriedengestellt wurde. Der eigentliche Grund für die Auswahl der Gaststätte waren jedoch die diversen Bildschirme, die mir das letzte deutsche Gruppenspiel bei der Fußball-EM gegen Dänemark zeigten.
Die nächste Etappe führte mich in das kleine kanadische Städtchen Niagara Falls, direkt an den gleichnamigen, berühmten Wasserfällen. Kulinarisch hatte ich hier keine großen Erwartungen und sollte mich zunächst auch bestätigt fühlen: Klassischer amerikanischer Fastfood von Straßenhändlern und Imbissketten aller Orten. Nichtsdestotrotz gönnte ich mir einen – leider sehr enttäuschenden – Hotdog. Gegen Abend schlenderte ich dann noch ein wenig durch das von brütender Hitze gequälte Örtchen auf der Suche nach einem beliebigen Abendschmaus und wurde letztlich in einer der abgelegensten Gegenden, die diese durch und durch von Tourismus geprägte Kleinstadt zu bieten hat, fündig. Eine kleine Pizzeria mit dem Namen “Il Sorriso” lockte mich mit einer gemütlichen Terasse und authentischen Ambiente. Ich sollte nicht enttäuscht werden! Die Pizza gehörte zu den besten ihrer Art, die ich je zu schmecken bekam und die Bedienung war die italienische Freundlichkeit in Person. Lediglich für das Wasser mit Zitrone gab es Punktabzüge, kam es doch eindeutig aus dem Hahn, was in Nordamerika nicht gerade empfehlenswert ist.
Den Gaumenfreuden, denen ich der größten Stadt der USA zusprach, widme ich den zweiten Teil dieses Reiseberichts und schließe meine kanadische Expertise hier vorerst.
Hochachtungsvoll,
Ihr Auslandskorrespondent Oleg