Werte Leserschaft,
noch immer rase ich im Zuge zum Fluge Ottawa entgegen. Bevor ich jedoch zurück nach Berlin eile, um die unterbrochene kulinarische Weltreise dort fortzusetzen – die letzten Ostausläufer Europas und Ostafrika stehen auf dem Programm — möchte ich noch von meinen Essensfreuden der Stadt der Städte, New York City, berichten.
Ehe ich jedoch ins Detail gehe, soll zunächst meinem formidablen Gastgeber in Brooklyn, Calvin, ein großer Dank und ein Extralob in Sachen exzellener Gastfreundschaft ausgesprochen werden. Nicht allein durch eine tolle Unterkunft und nette Abendgesellschaft, sondern auch mit diversen kulinarischen Insidertipps kam ich hier voll auf meine Kosten – und das ganz ohne welche zu entrichten. Zu Gute kam uns dabei, dass einer seiner Freunde ein recht ähnliches Projekt wie das unsere pflegt und auf einer Webseite viele Empfehlungen, Bewertungen und Berichte der kulinarischen Vielfalt NYCs bereit hält.
War ich am ersten Abend bei der Essenssuche noch auf mich allein gestellt, sollte mir das Glück einmal mehr hold sein und mich direkt in ein ganz exquisites kolumbianisches Restaurant auf der 5th Avenue in Brooklyn führen. Das Colombia Restaurant bietet nicht nur eine große Auswahl an wohlklingenden Speisen in authentischer Atmosphäre, sondern hält darüber hinaus auch einen wunderschönen Patio bereit, wo ich diesen warmen Sommerabend vollends genießen konnte. Zu einem Granizado de maracuya labte ich mich an einer Spezialität des Hauses, der Bandeja Paisa, bei der neben diversen Fleischsorten Avocado, Kochbanane, Ei und Maiskuchen nebst Reis serviert wurden. Natürlich wurde das ganze von einem kolumbianischen Kaffee abgerundet, der mich nochmal ordentlich auf die Beine brachte.
Am nächsten Tag mussten Calvin und ich zunächst eine kleine Enttäuschung hinnehmen, als wir das anvisierte nigerianische Restaurant mitten in einem Renovierungsprozess vorfanden. Doch schnell war ein Taxi bei der Hand, was uns zu einer jemenitischen Gaststätte führte, wo wir uns – die Anzahl der Olegs hatte sich mittlerweile durch einen Freund Calvins verdoppelt – an diversen jemenitischen Spezialitäten ergötzten. Ein bis zum Anschlag mit allerlei verschiedenartiger Speisen gefüllter Tisch zusammen mit süßen arabischem Tee und Fladenbrot, erweckte bei mir leichte Assoziationen mit Ramadan, da ich ob der unglaublichen Hitze den ganzen Tag über nichts gegessen hatte. Von den Namen der Speisen, die wir in diesem äußers authentischen Ambiente einnahmen, sind mir lediglich Selta (ein etwas schleimig wirkender Gemüsebrei) und Aseed (speziell zubereiter Weizenmehlbrei mit wohlschmeckender Sauce) in Erinnerung, wobei auch hier keine Garantie übernommen werden kann.
An meinem letzten Abend in dieser Stadt, die wirkt als habe jemand versucht, die ganze Welt in wenigen Quadratkilometern zu komprimieren, suchten wir dann ein ivorisches Restaurant – ganz klischeegerecht in Harlem – auf. Ambiente und Speisen erinnerten mich sehr an unseren ersten Ausflug nach Afrika. Auch hier wurden uns gegrillter Fisch – mit herrlich knusprigen Kochbananen – und Fleisch (diesmal Huhn statt Fleischspießen) zu scharfer Sauce gereicht. Letzteres wurde mit einer Art Yamwurzel mit leckerer Zwiebelsauce gereicht. Dazu tranken wir ein nicht näher zu identifizierenden Erfrischungstrink aus der Dose, das geschmacklich irgendwo zwischen peruanischer Cola (Calvins Meinung) und Uludag (meine Meinung) angesiedelt war. Alles in allem konnte die Lokalität vor allem durch ihren hohen Grad an Authenzität bestechen, wobei das Essen hingegen eher unspektakulär daher kam – insbesondere wenn man schon mal westafrikanisch gegessen hat.
Darüber hinaus ist noch lobend zu erwähnen, dass man in Nordamerika zu meiner Überraschung sehr viel gutes Bier bekommt – und eben nicht nur Bud Light oder Europa-Importe. Die interessantesten Erfahrungen – neben dem schon erwähnten kanadischen Kölsch – war hierbei wohl das Cask Ale, das sehr schwer, würzig und mit wenig Kohlensäure daherkam. Danke für den Tipp, Calvin! Aber auch das Brooklyn Lager, was ich mit Blick auf den Time Square genoss, war ziemlich gderut.
Neben Bier habe ich mir auch noch zwei Cocktails gegönnt, wobei ich den Whisky Sour den ich zum NBA Finale genoss in der Kategorie “Schlechte Idee in so einer Bar einen richtigen Drink zu erwarten” verbuchen würde, der Street & Smith, den ich in einer “echten” Bar (inklusive live Jazz) schlürfen durfte war grandios – und im Vergleich zu den überall exorbitanten Bierpreisen – auch recht günstig.
Dieser Bericht soll aber nicht schließen, bevor ich nicht auch die New Yorker Bagels lobend erwähnt habe. Auf Wikitravel wurden sie als eine New Yorker Besonderheit empfohlen, allerdings kannte ich Bagels ja aus diversen deutschen Läden und war bisher nie besonders begeistert gewesen. Einfach ein Brötchen in anderer Form, war meine Überzeugung. Ein Irrtum sollte sich herausstellen. Echte, handgerollte Bagels gibt es in allen Variationen vom Pumpernickel-Bagel über den Eier-Bagel oder Zwiebel-Bagel bis hin zum Zimt-Rosinen-Bagel. Dazu alle nur vorstellbaren Beläge. Ein wahrer Genuss und auch für einen Frühstücksverächter wie mich ein super Start in den Tag. Insbesondere wenn man in DUMBO sitzt und auf die Skyline Manhattans und die Brooklyn-Bridge schaut.
In Ehrbietung,
USA-Korrespondent Oleg